20 Jahre Kunstschaffen in Lommis—Sonja Aeschlimann öffnete ihr Atelier Frauenfelder Woche, 28. Juni 2023, Michael Anderegg Eine Treppe führt ein paar Tritte hinunter in ein Atelier, das von aussen einem schlichten Keller mit ein paar Fenstern ähnelt. Im Inneren aber wartet ein grosszügiger und schön gestalteter Raum voller Kunstwerke. Die Rede ist von Sonja Aeschlimanns Kunstatelier an der Sägestrasse 2 in Lommis. Am Samstag und Sonntag öffnete sie ihr Atelier für die Bevölkerung. Denn bereits seit 20 Jahren ist sie mit ihrer Kunst an der Sägestrasse daheim und fühlt sich dort pudelwohl. «Ich kann hier super in Ruhe arbeiten, und Platz ist auch genügend vorhanden», sagte Sonja Aeschlimann. Sie habe in den beiden Jahrzehnten verschiedene künstlerische Phasen durchlaufen und ihren Stil mittlerweile gefunden. «Ich bin eher eine zeichnerische, puristische Malerin. Ich mag zudem Druckgrafiken und ich spiele gerne mit Themen. Beispielsweise Gefässen, Köpfen oder Figuren», so die Künstlerin über sich selbst. OPEN-ATELIER in Lommis, 24./25. Juni 2023
0 Comments
Einführende Bemerkungen und Beobachtungen zur gleichnamigen Ausstellung von kunstthurgau in der alten Schuhfabrik Märwil 2. September 2022, Kurt Schmid Menschen in Bewegung „Schlenderer, Bummler, Stehenbleiber, Sichumdreher, Grimassenschneider, Wegbegleiter, Zickzackgeher, Wegbeschreiter, Imkreisumdreher, Kinderwagenschieber, Fortschreiter, Übersteiger, Handychecker, Selfiemaker, Plakataufhänger, Tagtraumfänger, Nieankommer, Wegrandpinkler, Nachhauseeiler, Dosengingger, Fotoknipser, Souvenirverkäufer, Kindereinfänger …. kommen an mir vorbei, irgendwoher, irgendwohin, sind unterwegs.“ Nein, das ist kein Gedicht und auch kein Text von mir. Diese fein beobachteten und formulierten Sprachwendungen habe ich im Eingabeformular gefunden, welches Daniela Vincenz für diese Ausstellung eingereicht hat. Und man fragt sich selbstverständlich sofort, wie sie das bildnerisch umsetzt und darstellt. Wie sich alle Teilnehmenden gefragt haben, gefragt haben müssen, wie sie mit der thematischen Vorgabe umgehen wollen: In etwa, möglichst genau, pro forma, geflissentlich, nonchalant - oder gar nicht? Und stellen sie sich vor, diese Menschen in Bewegung wären Künstlerinnen (Ich wähle die weibliche Form als Ergänzung zu den vorgenannten männlichen Formen): Wegbeschreiterinnen, Sichimkreisumdreherinnen, Fortschreitende, Forschrittliche, Traumfängerinnen, Plakataufhängerinnen und eben nicht Souvenirverkäuferinnen, sondern Kunstschaffende unterwegs. Auch Künstlerinnen und Künstler sind unterwegs, was denn sonst, und sie dokumentieren, wie sie das tun, in dieser Zeitkapsel, welche die alte Schufabrik Märwil nun einmal darstellt, bis auch sie verschwindet, wie bereits mit wenigen Überbleibseln, die Schuhe verschwunden sind, die hier gefertigt worden waren. Viele Menschen und insbesondere auch Kinder sind auf diesen Schuhen unterwegs gewesen. Das ist allerdings schon so lange her, dass heute wohl niemand mehr mit diesem Schuhwerk an den Füssen anzutreffen sein wird. Aus den Bekleidungsutensilien sind, wenn sie denn überlebt haben, Objekte geworden. Einige der Kunstschaffenden greifen das auf. Der Ort, und was an Schuhen und Werkzeugen oder Einrichtungen übrig geblieben ist, lädt zur Objektkunst oder zu Installationen förmlich ein. Oder aber es werden Bilder und Objekte platziert, die weniger mit dem Ort zu tun haben als mit dem Werk der Ausstellenden. Aber auch diese fügen sich in die Räumlichkeiten, ihren Charme, ihren Groove ein. Die beiden alten Industriehallen bilden so etwas wie einen Resonanzkörper, dem man sich nicht entziehen kann, als Künstlerin und Künstler nicht und auch als Betrachter und Besucherin nicht. Kunst ist hier also Resonanzraum auf Zeit der dreifachen Art: vom Raum zur Kunst, von der Kunst zum Raum und von Raum und Kunst zu den Betrachtenden. Abreisen, unterwegs sein, ankommen. Dieses Thema betrifft uns alle sowohl im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Wenn Jonas Rüedi und Regula Sonderegger unterwegs sind, fangen sie als Fahrende mit fotografischen Mitteln ihre Eindrücke ein. Ihre Fotos entstehen mittels bewegter Kamera, oftmals wohl aus dem Zug heraus, mit etwas überlanger Belichtung, so dass das Gegenüber der Stadtlandschaften, Gebäude usw. verschwimmt. Es überlagern sich kurz aufeinander folgende Moment zu einer fotografischen Komposition. Eis st immer ein Bild, was wir zu sehen bekommen. Es steht zwar, kann aber wie gesagt nur durch Bewegung zustandsgekommen sein. Mag sein, dass unterwegs sein bedeutet, nicht immer alles klar und deutlich zu sehen. Kann sein, dass der ästhetische Reiz dieser Fotos eben genau darin besteht, dass aus Gegenständen und Orten Texturen - auch Texturen der Befindlichkeit - werden. Kann sein, dass, wenn man dann ankommt, man wieder die Objekte in Ruhe ins Visier nimmt. Ankommen bedeutet ja nicht unbedingt stehen bleiben. Ankommen kann auch heissen, an seinem Ort, bei sich ankommen und dies deutlich spüren beziehungsweise im Kunstwerk spürbar machen. Martin Bührer fordert in seinen beiden Arbeiten auf: Go! (Go, Johnny, Go, Chuck Berry, 1959. )Und (come) back! Wer den Globus in der Hand hat, hat anscheinend die ganze Welt für eine Weltreise im Sinn. Ob man irgendwo stecken bleibt, immer noch die selbe Person ist, wenn man zurückkehrt, andere Ort und Szenerien spannender findet als die zuhause. Who cares! EdgwareRoad ist eine Undergroundstation in London, zu sehen auf einer der Fotografien von Marcel Winter. Bei ihm ist die Kamera nicht bewegt, die Plätze und Orte sind es auch nicht. Die Personen, welche sich auf ihnen bewegen sind klein, nicht als solche, sondern, weil sie von Ferne zu sehen sind. Die Kamera steht still und die Zeit scheint es ihr gleich zu tun. Auch die Kräne auf einer der Fotografien sind unbewegt in dem beinahe mystisch aufgeladenen, ästhetisch durchgearbeiteten Bild: Gegenbilder zur Hektik, Raum-Zeit-Lichtkonstellationen, vor dem Ort, am Ort, zum Ort. Who cares! Wer nicht mit leichtem Gepäck unterwegs ist, im Leben und überhaupt, Brigitte Buchholz, zeigt das eindrücklich, hat es nicht so leicht. Who cares, im Sinne, wen geht das denn überhaupt etwas an, geht hier nicht. We care! heisst die Losung, wenn sie auch nicht die Lösung der damit verbundenen Probleme eines belasteten Lebens bedeuten kann. Wer mit schwerem Gepäck unterwegs ist, hat fundamentale Probleme, kann nicht einfach die Last abgeben, braucht Solidarität, braucht keine gut gemeinte Helferhilfe, sondern gezielte Unterstützung, konkret, vor Ort, persönlich. Wenn wir also mit einer vollgepackten Einkaufstüte nach Hause kommen - dann zeigt diese Arbeit ein Gegenbild. Wir mögen den Preis für unsere Waren bezahlt hapern, auf welche Kosten dann aber andere sitzen bleiben - das ist eine ganz andere Frage. Übergange 36 Jahre lang, so heisst es, haben die Räumlichkeiten der Schuhfabrik Märwil nach der Aufgabe der Produktion beinahe unverändert überdauert. Martin Bührer ist auf seinen Spaziergängen unzählige Male an der alten Fabrik vorbeigekommen, bis er auf die Idee kam, mal nachzufragen, ob nicht hier die jetzt realisierte Ausstellung stattfinden könnte. Man hatte damals, um 1986 herum, den Betrieb nicht geräumt. Die tollen Räume mit ihrer lichtdurchfluteten Industriearchitektur standen aber nicht leer. Sie mussten erst geräumt werden. Ein gefundenes Fressen für Künstlerinnen und Künstler, welche Objekte mit Recyclingcharakter herstellen oder räumlich verortete Installationen machen! Die Räume mussten und konnten ihrem Dornröschenschlaf entrissen werden. Dafür gab es mancherlei Anknüpfungspunkte. Da waren etwa Schachteln mit dem gestiefelten Kater zu finden, Marke Lommis-Kinderschuhe samt fertigen Schuhen, Materialien und Werkzeugen zu ihrer Herstellung. Betty Kuhn hat Himmel und Hölle zu diesem Märchenthema inszeniert. Cornelia Schedlers grosse Schuhen bewegen sich in einer verzauberten Zeit und Ursula Bollack-Wüthrich (ist sie es??) hat Kinderschuhe und eine Schachtel mit dem gestiefelten Kater gefunden und inszeniert sie neu. Sonja Aeschlimann hat mit Holzformen und goldenen Oesen goldenen Prinzessinnenschuhe gefertigt und verweist mit ihnen und andern Objekten auf vergangene goldene Zeiten nicht nur der hiesigen Schuhindustrie. Elsbeth Harding hat eine Art Gebetsnische geschaffen, vor der man sich die Schuhe auszieht oder prüft, ob man in mit seinen Füssen in die eiserne Sohlenfirm passt oder nicht. All diese Objekte und Installationen irrlichtern zwischen den Zeiten. Sie sind Übergänge. Sie bilden eine Art Resonanzraum vom Heute zum Gestern, vom „Es war einmal“ zum „Jetzt!“. Von der Reminiszenz zum aktuellen Augen-Blick. Auch Räume sind unterwegs. Was für tolle Ateliers liessen sich doch hier einrichten! Die grossen Malereien mit gestischem Impuls von Helen Lang, könnten doch weiter an diesem Ort entwickelt werden! Wer würde nicht davon träumen, diese alte Fabrik mit ihrem Charme zu einem aktuellen Ort der Kunst zu machen über diese rAusstellung hinaus! Die Werkbänke sind ja noch da, viele Materialien im Estrich. Wer weiss, was sich daraus noch alles ergibt, bis auch dieses alles verschwindet. Ja, auch Räume sind unterwegs, sie ändern mit ihren Zeiten, entstehen und verschwinden - wie Kunst Kunstschaffende und ihrer Werke auf unvorhersehbare Weise ebenfalls. Es sei denn, man möchte einfach abhauen, alles zurücklassen, wie dies Walter Wetter in seiner postdadaistischen Installation verschmitzt nahelegt oder man erweckt den Fabrikladen fiktiv zu neuem Leben, wie dies Christine Hochstrasser vorführt. Oder die Räume medial neu inszenieren wie Pierre Sutter. Resonanzen innen und aussen Es besteht ein riesiger Unterschied, ob man freiwillig oder gezwungenermassen unterwegs ist. Diese Ausstellung wurde eher unter dem Aspekt der Freiwilligkeit organisiert, zu einer Zeit, als wir uns in den Medien und konkret nicht mit dem Ukrainekrieg auseinandersetzen mussten. Heute, jetzt ist die Lage anders, was als Bedrohung eher latent vorhanden war, die Klimaerwärmung etwa, ist einer expliziten Bedrohungslage gewichen. Sie wissen, wovon ich spreche. Plötzlich ist das Veränderungspotential explosiv gestiegen. Wir wissen tatsächlich nicht, wie die Welt, wohin wir reisen aber auch die Welt, die wir bewohnen, morgen aussehen wird. So bekommt denn das weisse Schiff mit den Rudern von Adrian Künzi neben dem fragilen auch archaischen Charakter - es könnte aus einer ganz anderen Kultur und Zeit stammen - zudem einen symbolischen Charakter. Unterwegs sein als Flüchtling, Unterwegssein in der Lebensbarke von Leben und Tod, Unterwegssein auf sich selbst gestellt mit ungewissem Ziel und ohne Hoffnung auf Rückkehr. Man spricht von Zeitenwende, wenn sich Ordnungen umstülpen; es sieht ganz danach aus, als ob wir heute (wieder) in einer solchen Situation stecken. Manche Besucherinnen und Besucher dieser Ausstellung werden mit dieser Haltung der Verunsicherung, ja vielleicht der Angst oder der Erwartung , Kunst, Künstlerinnen und Künstler könnten als Art Seismographen wirken, hierherkommen. Es gehört zur Stärke gleichzeitig aber auch Problematik dieser Ausstellung, dass sie nicht plakativ und direkt vorab das Ukrainemotiv aufgreift, wie das heute allerorten geschieht. Stark ist das, weil es sich verbietet, Leid, Bedrohung, Krieg zur eigenen künstlerischen Aussage zu machen, wenn man nicht direkt davon betroffen ist. Zu stark wäre hierbei die Gefahr ins Plakative abzugleiten. Und stark auch ist es, wenn sich Positionen wie etwa die von Ursula Fehr oder Marianne Jost-Schäffeler nicht verbiegen lassen. Ihre, Ursula Fehrs, kreatürlich-vegetabilen Bronzen trotzen der Zeit. Auch Marianne Jost minimalistische Objekte entziehen sich ihr und verweisen darauf, dass wir es sind, die sich wandeln und nicht die Artefakte ihrer Kunst.Es gibt nach wie vor die Resonanz gegen und mit dem Aussen aber eben auch mit dem Innen, dem geheimnisvollen inneren Kern, von dem aus der Impuls zu schöpferischem Tun erwachsen kann. Auch die Bilder von Bianca Frei-Baldegger, um nur diese drei zu nennen, haben etwas von dem. Oder die zwischen Innen und Aussen angesiedelten, symbolischen Bilder von Philippe Mahler. Martin Maeder zeigt mit seinen Videos nicht zuletzt, dass dem in der Geschichte der Kunst, seit jeher so war. Immer geht es, um es frei nach mit Handke zu sagen, um die Innensicht der Aussensicht der Innensicht. Problematisch, ja, etwas problematisch, ist das auch. Denn es wird wohl unmissverständlich klar, dass mit dieser Position der Avantgardecharakter der so genannt modernen Kunst aufgegeben wird. Diese Form von Kunst weist nicht voraus. Sie weist auch nicht zurück und ist nicht von gestern. Sie weist vielmehr nach innen, und rührt, ich habe es angetönt, an den inneren Kern der Kreativität und nicht den äusseren Anlass. Mit der Aufgabe des Neuigkeitszwangs der modernen Kunst ist aber auch die postmoderne Beliebigkeit obsolet geworden. Und das gilt wohl für die gesamte zeitgenössische Kunst, soweit man sie überblicken kann, überhaupt. Man kann und muss vielleicht auch, sowohl im Alltag als auch in der Kunst vermehrt Position beziehen und das darum, weil uns eben nicht alles gleichgültig, gleich gültig oder egal ist. Wie wir im praktischen Leben gegenüber unseren Problemen Position beziehen und was uns die Kunst als Positionen zeigt - das ist die Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Diese Ausstellung, ich schliesse jetzt, macht uns auf beispielsweise Art Mut dazu.
Text & Lesung: Hans Gysi, Kreuzlingen
Photo & Video: Pierre Rey, Lommis
Copyright © Hans Gysi und REY Engineering
Knochen
Knochen sind brücken
Von den lebenden zu den toten Vom knie zur hüfte Vom steiss zum scheitel Knochen sind brücken Knochen sind krücken für den Aufrechten gang Knochen sind krücken für Muskeln und sehnen Knochen tragen brechen Knochen bilden neues blut Sie formen den körper Sie stehn nicht allein in der landschaft Knochen bilden ein gerüst Knochen bleiben übrig wenn alles vorbei ist der schädel von Yorick bringt Hamlet zum sprechen übers sein oder nicht sein Knochen kann man kochen Das gibt eine gute Sosse Knochen sind brücken Knochen sind krücken Knochen drücken ins fleisch Hans Gysi Gesprächsleitung: Oliver Kühn Christina Aus der Au, Theologin – Clemens Dober, Metzger – Urs Leuzinger, Archäologe – Cornelia Mechler, Kunsthistorikerin – Marco Niemann, Orthopäde Link zur Live-Aufzeichung: www.evang-frauenfeld.ch/veranstaltung/51933 Beinhart und knorpelweich, knüppeldick und hauchdünn – Knochen sind ein vielseitiges Material. Meist in symmetrischer Anordnung geben sie dem Körper seine Form, schützen die Organe vor Verletzungen und verhelfen in Kombination mit Sehnen, Muskeln und Bändern zur optimalen Bewegung. Beim Menschen, wie bei allen Wirbeltieren, haben Knochen ihre spezifischen Aufgaben; Knochenmark zum Beispiel erzeugt den Saft des Lebens – das Blut. Schon in der Frühzeit des Menschen wurden Knochen als Werkzeuge genutzt. Heute dienen ihre Strukturen in der modernen Architektur, in der Statik und im Gerätebau als Vorbilder. Auf Piratenflaggen und Hundefutter, auf Emblemen von Rockerbanden und Warnungen vor tödlicher Gefahr finden sich prägnante Knochensymbole. Viel Fleisch am Knochen stillt unsere kulinarischen Gelüste und macht Menschen und Tiere satt. (Bilder Pierre Rey)
Klappernde Skelette, Obelix und ein bisschen Tod: Das ist die Knochenschau von Kunstthurgau in Frauenfeld Kunstthurgau eröffnet am Freitag im kantonalen Verwaltungsgebäude an der Frauenfelder Promenade eine in sich runde Gruppenausstellung zu Knochen. 13 Kunstschaffende sind beteiligt. Während der Aufbauarbeiten zur Knochen-Ausstellung von Kunstthurgau im kantonalen Verwaltungsgebäude. (Bild Mathias Frei) Öffentliche Verwaltung: Das ist ein Knochenjob. Da ist die Knochen-Ausstellung der Gruppe Kunstthurgau im kantonalen Verwaltungsgebäude an der Promenade am richtigen Ort. 13 Kunstschaffende haben verschiedenartige Zugänge zum Thema gesucht, das viel Spielraum offen lässt. Daraus ist eine präsentable Schau geworden in einem lichtdurchfluteten Raum. Eine Projektgruppe arbeitet seit 2017 an dem, was am Freitagabend seine Eröffnung feiert. So mannigfaltig die Beiträge sind, so klar ist der rote Faden. Gerade bei Gruppenschauen ist das eine Kunst. Da ist zum Beispiel Sonja Aeschlimann, sie gehörte der Projektgruppe an. Im Sommer 2019 erlitt sie einen dreifachen Knöchelbruch. Schon im Spital begann sie, das Trauma aufzuarbeiten. Daraus entstanden sind die Publikation «My broken right foot» und zwei grosse Papierzylinder, auf denen sie Knochen und deren porösen Strukturen abstrahiert mit Filzstift darstellt. Die Ausstellung. (Bild Mathias Frei) Während sich Ursula Fehr der konkreten Knochenform in Bronze widmet, nähert sich Martin Mäder dem Thema über die mythologische Verwendung von Gebeinen im Tod-Kontext an. Er zeigt eine Ton-/Bildinstallation, ein «Mement’ossuary», also gewissermassen ein Beinhaus zum Andenken. Die abstrakten Bilder dagegen von Bianca Frei-Baldegger sollen den Weg des Irdischen symbolisieren. Bei Walter Fröhlich war ein auf einer Wanderung gefundener Tierknochen Ausgangspunkt für eine Druckserie. Walter Wetters Installation lässt ein Skelett bei einer Fussmassage entspannen. Des weiteren hat Ursula Bollack-Wüthrich Obelix’ Wildschwein aus Keramik geformt und Betty Kuhn Mäuseschädelknochen aus Terracotta. Marianne Jost-Schäffeler setzt einer Chromstahlkugel ein Hirschgeweih auf, während Martin Bührer den Teufel exhumiert hat und Elsbeth Harling sich knöchernen Redewendungen widmet. Diese stehen auf Bettlatten, den Knochen eines Betts, und bilden einen Turm, gewissermassen ein Skelett. Der Knochentempel von Barbara Rähmi und der Farbstiftknochen von Giancarlo Bolzan runden die Schau ab. Vernissage-Impressionen vom 23.10.2020—Einführung: Anders Stokholm, Stadtpräsident Frauenfeld (Bilder Pierre Rey)
OS LONGUM MOBILÉ Ossa Longa, zu Deutsch Röhrenknochen Knochen brechen und werden geschient, verdrahtet, verplattet, verschraubt, genagelt und heilen meist auf wundersame Weise wieder zusammen. Knochen lösen sich im Alter aber auch auf (Osteoporose) und verlieren damit ihre tragfähige einzigartige Leichtbau-Struktur aus fein verästelten Streben (Trabekel), die auch in der Technik und Architektur Verwendung findet. Den Boden des Mobilés gestaltet eine mikroskopisch vergrösserte abstrakte Darstellung dieser schwammartigen Knochenstruktur (Spongiosa). In Anlehnung an die «Knochen»-Ausstellung der kunstthurgau im «Glaspalast» Frauenfeld
siehe Video der Finissage mit Lesung siehe auch Kunstwürfel 2015 Sonja Aeschlimann öffnet für *5ünfstern zum 4. Mal Ihr AtelierAlle 3 Jahre findet *5ünfstern statt, an dem Ostschweizer Künstler (St.Gallen, Appenzell und Thurgau) Ihre Ateliers öffnen. Doch diesmal war mit COVID alles etwas anders: die Künstler durften Ihre Öffnungszeiten frei wählen. Sonja Aeschlimann öffnete Ihr Atelier am Wochenende vom 5./6. September 2020.
Hier ein paar Eindrücke für die Daheimgebliebenen: Im Kulturpavillon der Psychiatrie St. Gallen Nord lädt die Thurgauer Künstlerin Sonja Aeschlimann mit Bildern und Installationen zu rätselvollen Reisen ein. Die verschiedenen Materialien, Sujets und Techniken, welche die Halle unter dem Titel „Ankommen“ locker bevölkern, bezeugen einen prägenden Gestaltungswillen: nicht aufdringlich, eher leise und immer geheimnisvoll hallowil.ch, 19. August 2018, Peter Küpfer Im Kulturpavillon laden Sonja Aeschlimanns Bilder und Objekte zum Entdecken ein Schon der Weg zum heutigen Kulturpavillon ganz im Westen des Geländeparks der ehemaligen Psychiatrischen Klinik Wil (heute nüchtern-sachlich Psychiatrie St. Gallen Nord genannt) ist eine Reise. Das kleine, aber imposante Gebäude muss trotz Signalisation unter den verwunschenen alten Bäumen und entlang kleiner Kieswege aufgespürt werden. Leicht erhöht verheisst es mit seiner klassizistisch-hohen Fassade Vielversprechendes. Die erste Überraschung wartet schon in der Vorhalle. Das steht, säuberlich in Plastik verpackt, ein altes Rolf Benz-Sofa. Lädt es zum Verweilen und Ausruhen ein, wie der Titel der Ausstellung „Ankommen“ vermuten lässt? Vielleicht. Aber warum ist es dann so säuberlich eingepackt wie ein Postpaket? Ob es ebenfalls auf der Reise ist und sein Ankommen, wie das des Besuchers, höchst fraglich? Die Halle „bespielen“ Die hohe Halle des ehemaligen psychiatrie-eigenen Leichenhauses wirkt einladend hell. Der ganze Raum ist mit Kunst gefüllt, „bespielt“, wie die anwesende Künstlerin im Gespräch es nennt, allerdings locker. Auffallend ist das viele Licht, Weiss in Weiss. Dem Betrachter wird viel Raum überlassen. In der Mitte, hoch von er Decke bis zum Fussboden herabhängend, eine zentrale Installation. Es handelt sich um eine viele Meter lange eng beschriftete Rolle, auf der sich Stichworte in quasi endloser Folge zum Thema wiederholen: Ankommen im Universum, Ankommen in dieser Welt, Ankommen im Licht, im Sehen, Hören und Sprechen, Ankommen in Dir, Ankommen in der eigenen Reise, Ankommen im Lebensfrieden, und noch viele „Ankünfte“ mehr. Schliesslich auch das Ankommen im Tod. Davor grosse Schriftrollen, stehend oder liegend, zwischen denen man herumgehen kann, sie auch entziffern. Zeichnung und Zeichen An den Wänden hängen Bilder verschiedenen Formats. Der erste Eindruck ist Weiss. Nur langsam, und unter Näherkommen werden schemenhafte Formen, nebelhafte Umrisse, vage Flächen und Schichten erkennbar. Manchmal dominiert eine geometrische Form, manchmal erkennt man eine menschliche Figur, ein Gesicht. Immer muss man aber ihre Situation, etwa auch ihren Gesichtsausdruck, erraten. Im Gespräch bestätigt die Künstlerin: „Ja, ich bin eine Weissmalerin“. Man müsse in ihren Bildern vieles selbst entdecken, auch die Farbe, sagt sie. Tatsächlich nennt sie ein Bild denn auch „A touch of Blue and Pink“, bei dem man bei oberflächlicher Betrachtung nur Weiss sieht. Aber eben, das Oberfächliche ist nicht das Ding der Künstlerin, die bei Jo Bukowski studiert hat und gerne zeichnerisch und in Schichten malt. Bei näherem und längerem Betrachten stellen sich tatsächlich Farbschatten heraus, eher ahnbar als manifest. Spuren
Die Ostschweizer Künstlerin mit Atelier in Lommis, welche schweizweit und international Ausstellungen realisiert hat, sagt im Gespräch, sie habe ursprünglich die Ausstellung im Kulturpavillon unter dem Konzept „Spuren“ realisieren wollen. Angeregt auch vom einzigartigen Raum hier in Wil habe sie es dann aber in „Ankommen“ geändert. Sonja Aeschlimann liebt das Reisen und ist begeisterte Taucherin. Das Ankommen, das zur Ruhe Kommen, das Ziel allen Reisens habe sie gerade in letzter Zeit stark fasziniert. Das bezeugen die vielschichtigen Werke. Auch bei ihrer Betrachtung, man muss sich dafür etwas Zeit nehmen, stellt sich bald einmal das Gefühl ein, dass das wirkliche Ankommen auch nur ein neuer Aufbruch sei. Allerdings auf anderem Niveau. |
KategorienArchiv
June 2023
|