20 Jahre Kunstschaffen in Lommis—Sonja Aeschlimann öffnete ihr Atelier Frauenfelder Woche, 28. Juni 2023, Michael Anderegg Eine Treppe führt ein paar Tritte hinunter in ein Atelier, das von aussen einem schlichten Keller mit ein paar Fenstern ähnelt. Im Inneren aber wartet ein grosszügiger und schön gestalteter Raum voller Kunstwerke. Die Rede ist von Sonja Aeschlimanns Kunstatelier an der Sägestrasse 2 in Lommis. Am Samstag und Sonntag öffnete sie ihr Atelier für die Bevölkerung. Denn bereits seit 20 Jahren ist sie mit ihrer Kunst an der Sägestrasse daheim und fühlt sich dort pudelwohl. «Ich kann hier super in Ruhe arbeiten, und Platz ist auch genügend vorhanden», sagte Sonja Aeschlimann. Sie habe in den beiden Jahrzehnten verschiedene künstlerische Phasen durchlaufen und ihren Stil mittlerweile gefunden. «Ich bin eher eine zeichnerische, puristische Malerin. Ich mag zudem Druckgrafiken und ich spiele gerne mit Themen. Beispielsweise Gefässen, Köpfen oder Figuren», so die Künstlerin über sich selbst. OPEN-ATELIER in Lommis, 24./25. Juni 2023
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Einführende Bemerkungen und Beobachtungen zur gleichnamigen Ausstellung von kunstthurgau in der alten Schuhfabrik Märwil 2. September 2022, Kurt Schmid Menschen in Bewegung „Schlenderer, Bummler, Stehenbleiber, Sichumdreher, Grimassenschneider, Wegbegleiter, Zickzackgeher, Wegbeschreiter, Imkreisumdreher, Kinderwagenschieber, Fortschreiter, Übersteiger, Handychecker, Selfiemaker, Plakataufhänger, Tagtraumfänger, Nieankommer, Wegrandpinkler, Nachhauseeiler, Dosengingger, Fotoknipser, Souvenirverkäufer, Kindereinfänger …. kommen an mir vorbei, irgendwoher, irgendwohin, sind unterwegs.“ Nein, das ist kein Gedicht und auch kein Text von mir. Diese fein beobachteten und formulierten Sprachwendungen habe ich im Eingabeformular gefunden, welches Daniela Vincenz für diese Ausstellung eingereicht hat. Und man fragt sich selbstverständlich sofort, wie sie das bildnerisch umsetzt und darstellt. Wie sich alle Teilnehmenden gefragt haben, gefragt haben müssen, wie sie mit der thematischen Vorgabe umgehen wollen: In etwa, möglichst genau, pro forma, geflissentlich, nonchalant - oder gar nicht? Und stellen sie sich vor, diese Menschen in Bewegung wären Künstlerinnen (Ich wähle die weibliche Form als Ergänzung zu den vorgenannten männlichen Formen): Wegbeschreiterinnen, Sichimkreisumdreherinnen, Fortschreitende, Forschrittliche, Traumfängerinnen, Plakataufhängerinnen und eben nicht Souvenirverkäuferinnen, sondern Kunstschaffende unterwegs. Auch Künstlerinnen und Künstler sind unterwegs, was denn sonst, und sie dokumentieren, wie sie das tun, in dieser Zeitkapsel, welche die alte Schufabrik Märwil nun einmal darstellt, bis auch sie verschwindet, wie bereits mit wenigen Überbleibseln, die Schuhe verschwunden sind, die hier gefertigt worden waren. Viele Menschen und insbesondere auch Kinder sind auf diesen Schuhen unterwegs gewesen. Das ist allerdings schon so lange her, dass heute wohl niemand mehr mit diesem Schuhwerk an den Füssen anzutreffen sein wird. Aus den Bekleidungsutensilien sind, wenn sie denn überlebt haben, Objekte geworden. Einige der Kunstschaffenden greifen das auf. Der Ort, und was an Schuhen und Werkzeugen oder Einrichtungen übrig geblieben ist, lädt zur Objektkunst oder zu Installationen förmlich ein. Oder aber es werden Bilder und Objekte platziert, die weniger mit dem Ort zu tun haben als mit dem Werk der Ausstellenden. Aber auch diese fügen sich in die Räumlichkeiten, ihren Charme, ihren Groove ein. Die beiden alten Industriehallen bilden so etwas wie einen Resonanzkörper, dem man sich nicht entziehen kann, als Künstlerin und Künstler nicht und auch als Betrachter und Besucherin nicht. Kunst ist hier also Resonanzraum auf Zeit der dreifachen Art: vom Raum zur Kunst, von der Kunst zum Raum und von Raum und Kunst zu den Betrachtenden. Abreisen, unterwegs sein, ankommen. Dieses Thema betrifft uns alle sowohl im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Wenn Jonas Rüedi und Regula Sonderegger unterwegs sind, fangen sie als Fahrende mit fotografischen Mitteln ihre Eindrücke ein. Ihre Fotos entstehen mittels bewegter Kamera, oftmals wohl aus dem Zug heraus, mit etwas überlanger Belichtung, so dass das Gegenüber der Stadtlandschaften, Gebäude usw. verschwimmt. Es überlagern sich kurz aufeinander folgende Moment zu einer fotografischen Komposition. Eis st immer ein Bild, was wir zu sehen bekommen. Es steht zwar, kann aber wie gesagt nur durch Bewegung zustandsgekommen sein. Mag sein, dass unterwegs sein bedeutet, nicht immer alles klar und deutlich zu sehen. Kann sein, dass der ästhetische Reiz dieser Fotos eben genau darin besteht, dass aus Gegenständen und Orten Texturen - auch Texturen der Befindlichkeit - werden. Kann sein, dass, wenn man dann ankommt, man wieder die Objekte in Ruhe ins Visier nimmt. Ankommen bedeutet ja nicht unbedingt stehen bleiben. Ankommen kann auch heissen, an seinem Ort, bei sich ankommen und dies deutlich spüren beziehungsweise im Kunstwerk spürbar machen. Martin Bührer fordert in seinen beiden Arbeiten auf: Go! (Go, Johnny, Go, Chuck Berry, 1959. )Und (come) back! Wer den Globus in der Hand hat, hat anscheinend die ganze Welt für eine Weltreise im Sinn. Ob man irgendwo stecken bleibt, immer noch die selbe Person ist, wenn man zurückkehrt, andere Ort und Szenerien spannender findet als die zuhause. Who cares! EdgwareRoad ist eine Undergroundstation in London, zu sehen auf einer der Fotografien von Marcel Winter. Bei ihm ist die Kamera nicht bewegt, die Plätze und Orte sind es auch nicht. Die Personen, welche sich auf ihnen bewegen sind klein, nicht als solche, sondern, weil sie von Ferne zu sehen sind. Die Kamera steht still und die Zeit scheint es ihr gleich zu tun. Auch die Kräne auf einer der Fotografien sind unbewegt in dem beinahe mystisch aufgeladenen, ästhetisch durchgearbeiteten Bild: Gegenbilder zur Hektik, Raum-Zeit-Lichtkonstellationen, vor dem Ort, am Ort, zum Ort. Who cares! Wer nicht mit leichtem Gepäck unterwegs ist, im Leben und überhaupt, Brigitte Buchholz, zeigt das eindrücklich, hat es nicht so leicht. Who cares, im Sinne, wen geht das denn überhaupt etwas an, geht hier nicht. We care! heisst die Losung, wenn sie auch nicht die Lösung der damit verbundenen Probleme eines belasteten Lebens bedeuten kann. Wer mit schwerem Gepäck unterwegs ist, hat fundamentale Probleme, kann nicht einfach die Last abgeben, braucht Solidarität, braucht keine gut gemeinte Helferhilfe, sondern gezielte Unterstützung, konkret, vor Ort, persönlich. Wenn wir also mit einer vollgepackten Einkaufstüte nach Hause kommen - dann zeigt diese Arbeit ein Gegenbild. Wir mögen den Preis für unsere Waren bezahlt hapern, auf welche Kosten dann aber andere sitzen bleiben - das ist eine ganz andere Frage. Übergange 36 Jahre lang, so heisst es, haben die Räumlichkeiten der Schuhfabrik Märwil nach der Aufgabe der Produktion beinahe unverändert überdauert. Martin Bührer ist auf seinen Spaziergängen unzählige Male an der alten Fabrik vorbeigekommen, bis er auf die Idee kam, mal nachzufragen, ob nicht hier die jetzt realisierte Ausstellung stattfinden könnte. Man hatte damals, um 1986 herum, den Betrieb nicht geräumt. Die tollen Räume mit ihrer lichtdurchfluteten Industriearchitektur standen aber nicht leer. Sie mussten erst geräumt werden. Ein gefundenes Fressen für Künstlerinnen und Künstler, welche Objekte mit Recyclingcharakter herstellen oder räumlich verortete Installationen machen! Die Räume mussten und konnten ihrem Dornröschenschlaf entrissen werden. Dafür gab es mancherlei Anknüpfungspunkte. Da waren etwa Schachteln mit dem gestiefelten Kater zu finden, Marke Lommis-Kinderschuhe samt fertigen Schuhen, Materialien und Werkzeugen zu ihrer Herstellung. Betty Kuhn hat Himmel und Hölle zu diesem Märchenthema inszeniert. Cornelia Schedlers grosse Schuhen bewegen sich in einer verzauberten Zeit und Ursula Bollack-Wüthrich (ist sie es??) hat Kinderschuhe und eine Schachtel mit dem gestiefelten Kater gefunden und inszeniert sie neu. Sonja Aeschlimann hat mit Holzformen und goldenen Oesen goldenen Prinzessinnenschuhe gefertigt und verweist mit ihnen und andern Objekten auf vergangene goldene Zeiten nicht nur der hiesigen Schuhindustrie. Elsbeth Harding hat eine Art Gebetsnische geschaffen, vor der man sich die Schuhe auszieht oder prüft, ob man in mit seinen Füssen in die eiserne Sohlenfirm passt oder nicht. All diese Objekte und Installationen irrlichtern zwischen den Zeiten. Sie sind Übergänge. Sie bilden eine Art Resonanzraum vom Heute zum Gestern, vom „Es war einmal“ zum „Jetzt!“. Von der Reminiszenz zum aktuellen Augen-Blick. Auch Räume sind unterwegs. Was für tolle Ateliers liessen sich doch hier einrichten! Die grossen Malereien mit gestischem Impuls von Helen Lang, könnten doch weiter an diesem Ort entwickelt werden! Wer würde nicht davon träumen, diese alte Fabrik mit ihrem Charme zu einem aktuellen Ort der Kunst zu machen über diese rAusstellung hinaus! Die Werkbänke sind ja noch da, viele Materialien im Estrich. Wer weiss, was sich daraus noch alles ergibt, bis auch dieses alles verschwindet. Ja, auch Räume sind unterwegs, sie ändern mit ihren Zeiten, entstehen und verschwinden - wie Kunst Kunstschaffende und ihrer Werke auf unvorhersehbare Weise ebenfalls. Es sei denn, man möchte einfach abhauen, alles zurücklassen, wie dies Walter Wetter in seiner postdadaistischen Installation verschmitzt nahelegt oder man erweckt den Fabrikladen fiktiv zu neuem Leben, wie dies Christine Hochstrasser vorführt. Oder die Räume medial neu inszenieren wie Pierre Sutter. Resonanzen innen und aussen Es besteht ein riesiger Unterschied, ob man freiwillig oder gezwungenermassen unterwegs ist. Diese Ausstellung wurde eher unter dem Aspekt der Freiwilligkeit organisiert, zu einer Zeit, als wir uns in den Medien und konkret nicht mit dem Ukrainekrieg auseinandersetzen mussten. Heute, jetzt ist die Lage anders, was als Bedrohung eher latent vorhanden war, die Klimaerwärmung etwa, ist einer expliziten Bedrohungslage gewichen. Sie wissen, wovon ich spreche. Plötzlich ist das Veränderungspotential explosiv gestiegen. Wir wissen tatsächlich nicht, wie die Welt, wohin wir reisen aber auch die Welt, die wir bewohnen, morgen aussehen wird. So bekommt denn das weisse Schiff mit den Rudern von Adrian Künzi neben dem fragilen auch archaischen Charakter - es könnte aus einer ganz anderen Kultur und Zeit stammen - zudem einen symbolischen Charakter. Unterwegs sein als Flüchtling, Unterwegssein in der Lebensbarke von Leben und Tod, Unterwegssein auf sich selbst gestellt mit ungewissem Ziel und ohne Hoffnung auf Rückkehr. Man spricht von Zeitenwende, wenn sich Ordnungen umstülpen; es sieht ganz danach aus, als ob wir heute (wieder) in einer solchen Situation stecken. Manche Besucherinnen und Besucher dieser Ausstellung werden mit dieser Haltung der Verunsicherung, ja vielleicht der Angst oder der Erwartung , Kunst, Künstlerinnen und Künstler könnten als Art Seismographen wirken, hierherkommen. Es gehört zur Stärke gleichzeitig aber auch Problematik dieser Ausstellung, dass sie nicht plakativ und direkt vorab das Ukrainemotiv aufgreift, wie das heute allerorten geschieht. Stark ist das, weil es sich verbietet, Leid, Bedrohung, Krieg zur eigenen künstlerischen Aussage zu machen, wenn man nicht direkt davon betroffen ist. Zu stark wäre hierbei die Gefahr ins Plakative abzugleiten. Und stark auch ist es, wenn sich Positionen wie etwa die von Ursula Fehr oder Marianne Jost-Schäffeler nicht verbiegen lassen. Ihre, Ursula Fehrs, kreatürlich-vegetabilen Bronzen trotzen der Zeit. Auch Marianne Jost minimalistische Objekte entziehen sich ihr und verweisen darauf, dass wir es sind, die sich wandeln und nicht die Artefakte ihrer Kunst.Es gibt nach wie vor die Resonanz gegen und mit dem Aussen aber eben auch mit dem Innen, dem geheimnisvollen inneren Kern, von dem aus der Impuls zu schöpferischem Tun erwachsen kann. Auch die Bilder von Bianca Frei-Baldegger, um nur diese drei zu nennen, haben etwas von dem. Oder die zwischen Innen und Aussen angesiedelten, symbolischen Bilder von Philippe Mahler. Martin Maeder zeigt mit seinen Videos nicht zuletzt, dass dem in der Geschichte der Kunst, seit jeher so war. Immer geht es, um es frei nach mit Handke zu sagen, um die Innensicht der Aussensicht der Innensicht. Problematisch, ja, etwas problematisch, ist das auch. Denn es wird wohl unmissverständlich klar, dass mit dieser Position der Avantgardecharakter der so genannt modernen Kunst aufgegeben wird. Diese Form von Kunst weist nicht voraus. Sie weist auch nicht zurück und ist nicht von gestern. Sie weist vielmehr nach innen, und rührt, ich habe es angetönt, an den inneren Kern der Kreativität und nicht den äusseren Anlass. Mit der Aufgabe des Neuigkeitszwangs der modernen Kunst ist aber auch die postmoderne Beliebigkeit obsolet geworden. Und das gilt wohl für die gesamte zeitgenössische Kunst, soweit man sie überblicken kann, überhaupt. Man kann und muss vielleicht auch, sowohl im Alltag als auch in der Kunst vermehrt Position beziehen und das darum, weil uns eben nicht alles gleichgültig, gleich gültig oder egal ist. Wie wir im praktischen Leben gegenüber unseren Problemen Position beziehen und was uns die Kunst als Positionen zeigt - das ist die Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Diese Ausstellung, ich schliesse jetzt, macht uns auf beispielsweise Art Mut dazu. 17 Mitglieder, eine stoische Blaue und Ikariden aus Bronze: Ein Einblick in die Ausstellung von Kunstthurgau in der Torggelmühle Thurgauer Zeitung, 12.9.2021, Dieter Langhart Am Freitag hat die Ausstellung von Kunstthurgau in der Uttwiler Torggelmühle Vernissage gefeiert. Vor allem Frauen stellen ihre Kunstwerke aus. Eine Vorschau. Die «blaue Figur» links, im Hintergrund das Publikum bei der Vernissage in Uttwil. Es ist etwas ruhig geworden um die Gruppe Kunstthurgau. Die ganz Jungen fehlen unter den Mitgliedern, die Pandemie hat das Ihre getan und Ausstellungen verunmöglicht. Von den aktuell einundzwanzig Mitgliedern sind nur vier nicht mit dabei in der Torggelmühle, in Haus und Garten von Andrea und Marc Röst-Scherrer.
Doch die Vernissage am Freitagabend ist gut besucht, man grüsst und umarmt sich, verliert hier ein liebes Wort und nippt da am Weissen oder Roten vom Bio Lenz, der seit Jahren fix zu Kunstthurgaus Ausstellungen gehört. «Lasst uns anstossen auf den Spätsommer, auf die Kunst, auf das Leben», ruft die Raku-Künstlerin und Mitausstellerin Ursula Bollack-Wüthrich in die Runde und begrüsst auch die anwesende Grossratspräsidentin Brigitte Kaufmann. Eine Ethnologin äussert sich zur Kunst Dann spricht Cornelia Vogelsanger, Ethnologin aus Uttwil, zu den Besuchern und zu den Künstlerinnen. Für sie ist Kunst nicht einfach ein Lebensmittel, sondern ein Genuss. Und Kunst müsse gewiss nicht gefällig sein, sie dürfe auch aufregen. Die Pandemie bezeichnet sie als eine «magere Zeit», die Kunst generell hingegen als einen «ungeheuren Gewinn, seit es Menschen gibt». Kunst verbinde die Menschen, sagt die Ethnologin, die auch Bücher über Schmuck und Kleider mitverfasst hat. Ihr Appell ist klar und deutlich: «Wir sollen einander Aufmerksamkeit schenken.» Und das tun die Besucher der Vernissage. Hauptsächlich Frauen zeigen ihre Kunstwerke Die Ausstellung lohnt sich. Im Garten und in der offenen Scheune des Anwesens zeigen die Mitglieder von Kunstthurgau, was sie unter Kunst verstehen. Eine Skulptur dominiert das Aussen: Betty Kuhns «blaue Figur». Stoisch steht sie vor der Pergola, neigt ihr kleines Haupt und stemmt ihre Arme neckisch auf die Hüften – man kommt an ihr nicht vorbei. Doch wohlfeil ist sie nicht, ihre Schöpferin heischt 14000 Franken. Bianca Frei-Baldeggers Installation «Erinnerung an meine Mutter (Modistin)» hingegen ist natürlich unverkäuflich. Die Künstlerinnen, also die Frauen, überwiegen ganz klar an dieser Ausstellung, und das ist gut so. Ursula Fehr etwa stellt zwei ihrer Ikariden aus Bronze dezent in den Garten, während Agnes Blum fünf unvergleichliche Fotografien zeigt: In «Wie das Wasser zeichnet» abstrahiert sie seine Bewegung und lässt sie zu monochromen Stimmungen werden. Dazu legt sie einen Stapel mit ihrem Buch «Mehrbilder», das voller Poesie ist. Manche Kunstschaffende zeigen nur ein Werk, andere zwei oder drei – die Ausstellung wirkt so nie überladen, sondern luftig und leicht und abwechslungsreich.
Text & Lesung: Hans Gysi, Kreuzlingen
Photo & Video: Pierre Rey, Lommis
Copyright © Hans Gysi und REY Engineering
Knochen
Knochen sind brücken
Von den lebenden zu den toten Vom knie zur hüfte Vom steiss zum scheitel Knochen sind brücken Knochen sind krücken für den Aufrechten gang Knochen sind krücken für Muskeln und sehnen Knochen tragen brechen Knochen bilden neues blut Sie formen den körper Sie stehn nicht allein in der landschaft Knochen bilden ein gerüst Knochen bleiben übrig wenn alles vorbei ist der schädel von Yorick bringt Hamlet zum sprechen übers sein oder nicht sein Knochen kann man kochen Das gibt eine gute Sosse Knochen sind brücken Knochen sind krücken Knochen drücken ins fleisch Hans Gysi Gesprächsleitung: Oliver Kühn Christina Aus der Au, Theologin – Clemens Dober, Metzger – Urs Leuzinger, Archäologe – Cornelia Mechler, Kunsthistorikerin – Marco Niemann, Orthopäde Link zur Live-Aufzeichung: www.evang-frauenfeld.ch/veranstaltung/51933 Beinhart und knorpelweich, knüppeldick und hauchdünn – Knochen sind ein vielseitiges Material. Meist in symmetrischer Anordnung geben sie dem Körper seine Form, schützen die Organe vor Verletzungen und verhelfen in Kombination mit Sehnen, Muskeln und Bändern zur optimalen Bewegung. Beim Menschen, wie bei allen Wirbeltieren, haben Knochen ihre spezifischen Aufgaben; Knochenmark zum Beispiel erzeugt den Saft des Lebens – das Blut. Schon in der Frühzeit des Menschen wurden Knochen als Werkzeuge genutzt. Heute dienen ihre Strukturen in der modernen Architektur, in der Statik und im Gerätebau als Vorbilder. Auf Piratenflaggen und Hundefutter, auf Emblemen von Rockerbanden und Warnungen vor tödlicher Gefahr finden sich prägnante Knochensymbole. Viel Fleisch am Knochen stillt unsere kulinarischen Gelüste und macht Menschen und Tiere satt. (Bilder Pierre Rey)
Klappernde Skelette, Obelix und ein bisschen Tod: Das ist die Knochenschau von Kunstthurgau in Frauenfeld Kunstthurgau eröffnet am Freitag im kantonalen Verwaltungsgebäude an der Frauenfelder Promenade eine in sich runde Gruppenausstellung zu Knochen. 13 Kunstschaffende sind beteiligt. Während der Aufbauarbeiten zur Knochen-Ausstellung von Kunstthurgau im kantonalen Verwaltungsgebäude. (Bild Mathias Frei) Öffentliche Verwaltung: Das ist ein Knochenjob. Da ist die Knochen-Ausstellung der Gruppe Kunstthurgau im kantonalen Verwaltungsgebäude an der Promenade am richtigen Ort. 13 Kunstschaffende haben verschiedenartige Zugänge zum Thema gesucht, das viel Spielraum offen lässt. Daraus ist eine präsentable Schau geworden in einem lichtdurchfluteten Raum. Eine Projektgruppe arbeitet seit 2017 an dem, was am Freitagabend seine Eröffnung feiert. So mannigfaltig die Beiträge sind, so klar ist der rote Faden. Gerade bei Gruppenschauen ist das eine Kunst. Da ist zum Beispiel Sonja Aeschlimann, sie gehörte der Projektgruppe an. Im Sommer 2019 erlitt sie einen dreifachen Knöchelbruch. Schon im Spital begann sie, das Trauma aufzuarbeiten. Daraus entstanden sind die Publikation «My broken right foot» und zwei grosse Papierzylinder, auf denen sie Knochen und deren porösen Strukturen abstrahiert mit Filzstift darstellt. Die Ausstellung. (Bild Mathias Frei) Während sich Ursula Fehr der konkreten Knochenform in Bronze widmet, nähert sich Martin Mäder dem Thema über die mythologische Verwendung von Gebeinen im Tod-Kontext an. Er zeigt eine Ton-/Bildinstallation, ein «Mement’ossuary», also gewissermassen ein Beinhaus zum Andenken. Die abstrakten Bilder dagegen von Bianca Frei-Baldegger sollen den Weg des Irdischen symbolisieren. Bei Walter Fröhlich war ein auf einer Wanderung gefundener Tierknochen Ausgangspunkt für eine Druckserie. Walter Wetters Installation lässt ein Skelett bei einer Fussmassage entspannen. Des weiteren hat Ursula Bollack-Wüthrich Obelix’ Wildschwein aus Keramik geformt und Betty Kuhn Mäuseschädelknochen aus Terracotta. Marianne Jost-Schäffeler setzt einer Chromstahlkugel ein Hirschgeweih auf, während Martin Bührer den Teufel exhumiert hat und Elsbeth Harling sich knöchernen Redewendungen widmet. Diese stehen auf Bettlatten, den Knochen eines Betts, und bilden einen Turm, gewissermassen ein Skelett. Der Knochentempel von Barbara Rähmi und der Farbstiftknochen von Giancarlo Bolzan runden die Schau ab. Vernissage-Impressionen vom 23.10.2020—Einführung: Anders Stokholm, Stadtpräsident Frauenfeld (Bilder Pierre Rey)
OS LONGUM MOBILÉ Ossa Longa, zu Deutsch Röhrenknochen Knochen brechen und werden geschient, verdrahtet, verplattet, verschraubt, genagelt und heilen meist auf wundersame Weise wieder zusammen. Knochen lösen sich im Alter aber auch auf (Osteoporose) und verlieren damit ihre tragfähige einzigartige Leichtbau-Struktur aus fein verästelten Streben (Trabekel), die auch in der Technik und Architektur Verwendung findet. Den Boden des Mobilés gestaltet eine mikroskopisch vergrösserte abstrakte Darstellung dieser schwammartigen Knochenstruktur (Spongiosa). In Anlehnung an die «Knochen»-Ausstellung der kunstthurgau im «Glaspalast» Frauenfeld
siehe Video der Finissage mit Lesung siehe auch Kunstwürfel 2015 Sonja Aeschlimann öffnet für *5ünfstern zum 4. Mal Ihr AtelierAlle 3 Jahre findet *5ünfstern statt, an dem Ostschweizer Künstler (St.Gallen, Appenzell und Thurgau) Ihre Ateliers öffnen. Doch diesmal war mit COVID alles etwas anders: die Künstler durften Ihre Öffnungszeiten frei wählen. Sonja Aeschlimann öffnete Ihr Atelier am Wochenende vom 5./6. September 2020.
Hier ein paar Eindrücke für die Daheimgebliebenen: |
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